Oliver Koletzki: Es geht bei EDM nicht um Musik!


 

Oliver Koletzki ist bekannt für seine “elektronische Tanzmusik”. Jetzt verstört er sein Publikum mit bösen Botschaften gegen die weltweit boomende Electronic Dance Music, kurz EDM.

Oliver Koletzki: EDM ist einfach nur ein riesen Spektakel. EDM-DJs arbeiten mit den simpelsten Mitteln. Ihre Musik besteht nur aus Breaks und alles konzentriert sich auf die Drops. Am meisten stört mich der Zirkus drum herum: Tortenschlachten, Konfettibomben, Pyrotechnik. Die amerikanischen Musikunternehmen haben vor ein paar Jahren entdeckt, dass sich mit solchen “Raves” viel Geld verdienen lässt, sie ziehen die Events gross auf. Es geht aber gar nicht um die Musik. Ich empfinde es als Frechheit, wenn sich so was Electronic Dance Music nennt. Wir haben in Deutschland unsere Subgenres wie House, Techno oder auch Dubstep jahrelang kultiviert und fassen das auch alles als elektronische Musik zusammen. Aber damit hat EDM nichts zu tun. EDM will gar nicht wissen, wie hier in Deutschland für House und Techno gekämpft wurde und wie sich daraus autarke Strukturen entwickelt haben. Elektro war immer revolutionär, EDM ist kommerziell.

Hinter den EDM-Festivals in den USA stecken die grossen Rock-Konzerne. Rock und Hip-Hop funktionieren in Amerika nicht mehr so richtig. Denen ist langweilig da drüben. Dann kamen DJs wie Avicii und David Guetta, die sich mit Pop-Produzenten zusammengetan und Lieder mit Stars wie Rihanna gemacht haben. So sind alle auf den Geschmack von elektronischer Musik gekommen. Die Konzerne investieren viel Geld. Die Raver werden bis auf den letzten Dollar ausgenommen, von den Karten bis zu den Getränken ist alles total überteuert. Überall hängen riesige Werbeplakate. Sogar Werbeautos stehen dort herum. Da kann ich schon mal kommerzielle Motive unterstellen…

Was EDM-DJs auf der Bühne machen, ist keine grosse Kunst. EDM ist megaprofessionalisiert. Die Reihenfolge der Lieder steht fest, der DJ muss nicht mal mehr auf die Geschwindigkeit achten, das übernimmt der PC. Davor habe ich keinen Respekt. In meiner Generation wurde noch Vinyl aufgelegt, so sind House und Techno entstanden. Bei so viel Geld wird jedes Risiko vermieden. Wenn ein Drop kommt, geht ein Feuerwerk los. Da wird es schon sehr deutlich, dass der DJ nicht spontan auflegt. Wenn alles festgelegt ist, kann der DJ nicht mehr auf sein Publikum reagieren und sich den Abend mit den Menschen gemeinsam erarbeiten. Wie könnte ich das gutheissen? Als DJ?

Quelle: WELT (Axel Springer SE)

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