Müssen DJs mixen können?


 

Es ist schon eine Weile her, doch in der Vinyl-Ära galt das perfekte Mixen noch als Qualitätssiegels eines DJs. Im digitalen Zeitalter mit Controllern, Autosync und Titel-Vorschlagsystemen scheint dieses allerdings vorbei zu sein. Denn auf den Dancefloors der Clubs werden DJs trotz ihrer mangelnden Blendtechniken frenetisch gefeiert. Hat der Mix eines DJs etwa ausgedient?

There’s not a problem that I can’t fix ’cause I can do it in the mix” – 1982 huldigte die Band Indeep den DJ, der es verstand, die Crowd auf der Tanzfläche nonstop bei Laune zu halten. Wer denkt, dass der ein paar Jahre zuvor gelaunchte Technics SL-1200 MK2 mit seinem Geschwindigkeitsregler den Startschuss für das fliessende Ineinandergleiten der Songs gab, der sollte in Sachen DJ-Kultur erstmal ein paar Sätze nachsitzen: …Bereits 1968 erlebten die Gäste im New Yorker “Salvation II” von ihrem Resident Francis Grasso, was es heisst, als DJ kreativ zu sein. Dies bezieht sich nicht nur allein auf die Tatsache, dass er die rutschende Filzmatte unter der Schallplatte, sprich Slipmat, erfand, sondern auch als erster mixender DJ in die “Hall-of-Fame” der doch noch recht jungen DJ-Kultur einging. Man spricht hier nicht von belanglosem Blenden, das sich gähnend auf den acht Takten der Intros und Outros eines Tracks bettet, denn in seinen Übergängen vermischte er bereits mit den Vinyls Acapellas und Breaks verschiedener Tracks, einer Frühform des Remix und auch Mash-Up: …Ein wahrer Meister des Cuts, mit dem sequenziell Elemente eines Tracks in den anderen geschnitten werden, war und ist Grandmaster Flash. Nicht uneigennützig kam ER auf die Idee des Crossfaders.

In den letzten 50 Jahren perfektionierte sich das Mixing, beginnend mit den längeren, damit mixfreundlicheren Tracks in etlichen verschiedenen Versionen, die auf dem sattklingenden 12-Inch-Vinyl als Maxi-Single die DJ-Elite im Sturm eroberte. Die Evolution der Arbeitsmittel, beginnend mit DJ-freundlicheren Turntables, später CD-Playern, Samplern, DJ-Controllern und DJ-Software unterstützte die wachsende Kreativität. Aber die dadurch einhergehende Vereinfachung des Handwerks sabotiert gleichzeitig zunehmend die Glaubwürdigkeit.

Der Zuhörer, von Schnickschnack wie Loops und Samples gesättigt und zudem von auf Teufel komm raus “Ich mixe mit vier Decks” gequälten Übergängen überfordert, stellt sich die Frage: Ist das live, zum Teil vorproduziert oder gar ein fertiges Edit?

Es mangelt an Transparenz unserer Skills! Die üppig gefüllte digitale Library ermutigt ausserdem, Tracks förmlich im Sekundentakt auf die Crowd zu schiessen. Ein Track baut sich auf und man sollte ihn auf sich wirken lassen und den Hörern Zeit gewähren, um auf die Tanzfläche zu gehen. Ist dies das Übel, welches die Notwendigkeit des Mixings in Frage stellt?

Die Kreativität eines DJs rückt aufgrund der technischen Möglichkeiten zunehmend in den Hintergrund, was aber nicht einer kompletten Ignoranz gleichzusetzen ist. Denn schliesslich erkennt man einen DJ nicht nur an seiner Musikauswahl, sondern auch an seiner künstlerischen Verarbeitung der Tracks, die vom Publikum verständlicherweise auch kritisch hinterfragt wird.

Galt es früher als Handwerkskunst, zwei Tracks fast unhörbar länger als vier Phrasen, also 32 Takte, ohne Patzer spielen zu lassen, ist es heute per Sync-Knopf kinderleicht. Dazu haben Controller keinerlei Gleichlaufschwankung und die Drifting-Stabilisierung für DVS tut ihres dazu.

Mit der Vereinfachung des Handwerks fühlt sich der DJ im Club an seinen Decks unterfordert, sodass man lieber die für das sonst notwendige Beatmatching eingesparte Zeit nutzt, um den Mix schneller einzuleiten oder beim Übergang skill-technisch eine Schippe draufzulegen. Die Ohren der Gäste ertragen nicht immer diese Last, sodass die Crowd auch schon mal weniger bewundert und sich dafür mehr empört. Denn die Tracks stehen im Vordergrund, nicht der Mix!

Was macht einen guten Mix aus?

Mit der Blende zwischen zwei Tracks kann der DJ seinen künstlerischen Status fundamentieren. Ein gelungener Mix definiert sich nicht über die Länge, sondern darüber, wie er klingt. Musikstil, Groove, Struktur, Position und Tonart sind die zu beachtenden Parameter. Nicht den Mix dem Zufall überlassen, sondern genau wissen, wo und womit steige ich in einen Track ein und wann gehe ich aus einem Track heraus, um den Mix auf den Beat oder Breakdown zu beenden.

Um euren Skills mehr Glaubwürdigkeit zu verleihen, verzichtet auch auf ausgefallene Edits, legt auch mal wieder Originale auf, wodurch jeder auf Anhieb heraushört, was ihr gerade mit dem Track künstlerisch anstellt. Kickt nicht nach einer Minute Spielzeit jeden Track aus dem Deck, sondern gebt ihm eine Chance, sich zu entfalten. Früher feierte man in den Clubs auch den “nicht mixenden” DJ. Warum? Weil er es verstand, die Meute mit seiner Musikauswahl und der dramaturgischen Reihenfolge der Tracks zu begeistern. Schliesslich wird kaum ein Gast, ausgenommen von DJ-Skills verfallenen Nerds, den Abend ausschliesslich am Mixing beurteilen, sondern vorrangig an der Musik und der Stimmung.

Letztlich ist der Mix das i-Tüpfelchen massgebend für die Qualität eines DJs. Er entpuppt sich auch zu seinem Alleinstellungsmerkmal, wenn er das Prädikat “künstlerisch wertvoll” verdient, um sich von den unzähligen, 08-15 mischenden Mitbewerbern hervorzuheben.

Quelle: bonedo.de

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